a walk, a thought, a notice

8. Internationales SommerAtelierAschersleben, Stipendium  14.06.22 -06.09.22

Auf Einladung der Stadt Aschersleben durfte ich zusammen mit einer Kolleginnen aus Argentinien, Ukraine und Russland und einem Kollegen aus Polen am 8. SommerAtelierAschersleben teilnehmen, einem Stipendium, bei dem uns je ein geräumiges Atelier und eine Wohnung in A. bereit gestellt wurde. Zum Abschluss fand eine Ausstellung im Bestehornpark statt, die vom Oberbürgermeister der Stadt, Hrn. Steffen Amme eröffnet wurde.

Das Internationale Sommeratelier Aschersleben, das 2015 erstmals durch die Stadt Aschersleben initiiert werden konnte, unterstreicht die Entwicklung der Stadt als Kultur und Bildungsstandort in unmittelbarer Nähe zur Grafikstiftung Neo Rauch.

Im Rahmen meines Aufenthaltes beschäftigte ich mich mit der Landschaft rund um Aschersleben. Diese ist als Vorgebirgslandschaft geprägt von Erwartungen: hin zum Gebirge, hin zu den Wäldern und hin zur reichhaltigen Geschichte, die weit ins Mittelalter und davor reicht. Zu finden sind jedoch riesige, monotone Äcker auf guten Böden, der kleinen Bach „Eine“, der durch Aschersleben fließt, der wie die Felder mit der enormen Trockenheit im Sommer zu kämpfen hatte. Daneben finden sich zerfallenden Obstbaumalleen, alte zerfallende Industriebauten, neue Windparks, die Bahnlinie und die Autobahn, und nicht zuletzt die kleine Stadt mit ihren alten Wehrtürmen und der Stadtmauer und ihren Menschen.

Um diese Gemengelage zu erspüren, ein zu ordnen und ab bilden zu können ging ich jeden Tag zum Spazieren. Ich wählte den Spaziergang als Forschungsinstrument für meine Kunst. Bei diesen Spaziergängen sammelte ich Pflanzen, die ich zu Drucken weiter verarbeitete und die dann mit grafischen oder malerischen Mitteln überarbeitete, die noch einmal den Spaziergang und den Ort in einer emotionalen Schichtung und grafischen Markierungen widerspiegeln. Parallel dazu entstand eine Sammlung von Gedichten, die das bildnerische Werk begleiten und eine tiefere Dimension erarbeiten. Ein mehrschichtiges poetisches Werk entstand immer ausgehend von der spaziergängerischen Bewegung meines Körpers in der Landschaft.

(after cage)

zwischen industriegebiet und 

kosmonautenviertel

sitzen schüler im park

abend für abend abgrundtief 

gelangweilt

draußen auf der höhe 

vor der stadt 

mahlen windräder mit großen gesten 

im nichts

und keiner weiß 

wohin die energie geht

in jener vorgebirgsebene 

in der urplötzlich

emsige mähdrescher staub aufwirbeln

am nächsten tag aber

alles verlassen

weit und breit nichts zu sehen ist

stille

Reinhard Krehl, 2022

spaziergang zum alten menhir 

wir wissen nicht woher er kam

fremd

vielleicht auf der flucht

hat er sich hier ausgeruht und 

an sein langsames ende gedacht

vielleicht wurde er auch hierhergetragen

weil kein leben mehr in im schien

und sie ihn weit weg 

von sich haben wollten

aber

er hat alles überdauert

sogar dass sie ihm nägel eingetrieben haben

als wäre er ein christus

der heil bringt unter die verbrecher und leidet

jetzt glänzt seine haut 

als würde er jedes jahr jünger

unter den berührungen der vielen zweifelden

die heraus kommen aus der stadt

und kein land finden

Reinhard Krehl, 2022

drive in

da standen 

ein paar gräser

         und eine blume 

mehr nicht

vorwiegend eine landschaft 

ohne reiz

mit autobahn und lastwagen

die weil sie ein paar kilometer sparen

dörfer zerrütten

trotz fußgänger ampel und kreisvekehr

am rand der landstraße

mehrere drive in restaurants 

sogar

Reinhard Krehl, 2022